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3. Tag, Reykjavík - Fljótsdal

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Copyright © 2003 Dieter Graser

Samstag, 19. Juli 2003


Kurz nach 5 Uhr auf. Schnell die zwei noch übrig gebliebenen "kleinur" als Frühstück verdrückt und zusammengepackt. Mit einem Taxi zum Stadtflughafen. Beim Checkin zum Flug nach Egilstađir treffe ich Sam und Roman. Sam kommt aus den USA und ist Gleitschirmlehrer. Diesen Sommer arbeitet er mal wieder in Island und bildet die einheimischen Piloten aus. Roman stammt aus Kitzbühl. Er musste das Fliegen aufgeben. Seit seinem schweren Gleitschirmunfall in Utah braucht er zwei Stöcke als Gehhilfe. Denke zurück an meine eigene Flugkarriere. Nette Burschen, die beiden.

Der Abflug der Fokker 50 verzögert sich. Mehrfach werden die Passagiere nachgezählt und schließlich werden wir sogar namentlich auf der Passagierliste abgehakt. Was für einen Knopf haben die da wohl reingebracht? Ablug mit 30 Minuten Verspätung. Ich sitze links am Fenster. Heute hängt eine ziemlich dichte Wolkendecke über Südisland. Habe kurz Blick auf den Hagavatn, Teile des Hofsjökukll und die Askja sowie den Herđubreiđ. Der Brúarjökull, dem mein Interesse gilt, wäre auf der rechte Seite. In Egilsstađir bin ich mit Philip Vogler verabredet, der schon auf mich wartet. Er ist Reiseleiter und führt heute einen amerikanischen Gast. Ich konnte mich ihnen für den Vormittag anschließen. Somit komme ohne viel Umstände zum Südende des Sees Lagarfljót. Die Verspätung ist natürlich dumm. Endlich erscheint auch mein Rucksack auf dem kurzen Gepäckband und wir können endlich aufbrechen.

Hengifoss
An der Olís Station tankt Philip den Geländewagen auf und ich kaufe noch zwei Gaskartuschen. Genieße nun das gemütliche Reisen mit einem "individuellen Führer". Philip weiß natürlich jede Menge Geschichten und stellt an den Orten. an denen wir vorbeikommen die Verbindung zu den entsprechenden Sagas her. William, der amerikanische Gast ist ein guter Sagakenner und weiß das zu schätzen. Die Fahrt am Westufer des Lagarfljót entlang wird durch einen Spaziergang bei Ás und durch eine zweistündigen Wanderung zum Hengifoss unterbrochen. Neben der schieren Höhe des Waserfalls beeindrucken die schönen Basaltformationen der Wasserfälle unterhalb des Hauptfalls. Den Abstieg wählen wir auf der Nordseite der Schlucht und haben somit auch den Blick von der amderen Seite auf die Wasserfälle. Wir haben Glück und können auch zwei Falken beobachten.

Basalt Fall
In Skriđuklaustur nehmen wir ein etwas verspätetes Mittagesen ein. Das für Island ungewöhnliche Gebäude hat sich der Schriftsteller Gunnar Gunnarsson 1939 von einem deutschen Architekten entwerfen lassen. Das Ergebnis ist eine etwas monumentale Mischung aus "Berghof" und Grassodendach. Irgewndwie paßt das Haus nicht nach Island. Nun gehört es dem isländischen Staat und dient als Museum und Wohnort für Stipendiaten. Hatte schon von diesem Gebäude gehört, war mir aber nicht bewußt, daß wir hier vorbeikommen würden. Gunnar Gunnarssons problematische Nähe zu den Nazis, die ihn hofierten und was er sich wohl gerne gefallen ließ, wird hier übergangen. Im Informationsblatt und bei der Führung durch Skriđuklaustur wird betont, daß Gunnar Gunnarsson in Deutschland zeitweise der auflagenstärkste Autor nach Goethe gewesen sein soll. Nun ja, die meisten bedeutenden zeitgenössischen Autoren wie etwa Thomas Mann waren ja quasi verboten. Das Essen vom Buffet war gut. Die Gemäldeausstellung "Bilder von Ostisland" mit einem herausragendem Bild von Kjarval war ebenfalls bemerkenswert.

Um 15:00 Uhr trenne ich mich kurz vor Valțjófstađur von Philip und William, schultere meinen Rucksack und beginne meine Wanderung.

Die ersten Kilometer ist die Straße noch geteert, aber dann kommt ein Schild "Lokađ Vinnusvæđi" - "Gesperrt Baustelle". Die Vorarbeiten für den großen Kraftwerksbau haben begonnen. Erst mal sind hier nur zwei Bagger am arbeiten und planieren eine Platform in den Hang. Ich komme, wie am ersten Tag üblich, nur schwer in die Gänge. Die neuen Stiefel sind noch nicht so bequem eingelaufen und die Moral wird wikungsvoll durch einen vollgefressenen Bauch untergraben. Auch der Himmel hat sich zugezogen. Trotz dem frischen Rückenwind gehe ich noch im T-Shirt. Um 18:00 Uhr erreiche ich die Brücke über die Jökulsá í Fljótsdal. Vom westlichen Talhang kommt mit vielen kleinen Wasserfällen ein Bach herunter. Hier bleibe ich! Einen ebenen Platz für das Zelt gesucht, aufgebaut und prompt eingeschlafen. Nach dem einfachen Abendessen den Bach hinauf und unter einem Wasserfall geduscht. Das Wasser war für isländische Verhältnisse ungewöhlich warm. Die vorangegangenen Sonnentage haben die Hochlandbäche wohl etwas aufgewärmt. Zurück zum Zelt und dort im Schlafsack liegend an den Aufzeichnungen. Müde - habe noch immer Schlafdefizit.


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