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Die Kombination Piepsen des Weckers und Regengetrommel auf dem Zelt löst bei mir einen Weiterschlafreflex
aus. Um 8:00 Uhr fange ich langsam an das Frühstück herzurichten und wieder Mal hört es während dieser
Zeremonie auf zu regnen. Keine Ahnung warum der Zauber wirkt, aber schön langsam sollte ich mal eine
Statistik aufstellen.
Aufbruch im Anorak, da der nächste Schauer schon absehbar ist. An der etwa 3 km weiter nördlich liegenden
Hütte des Naturschutzverbandes ist die isländische Fahne aufgezogen und am Abstellplatz steht der Jeep,
den ich gestern Abend aus der Ferne gesehen habe. Unterhalte mich mir dem Landveršur und hole mir noch
nachträglich die Genehmigung für mein "wildes" Zelten in einem Naturschutzgeiet. Da freilebende Fußgänger
in Island wohl auf der roten Liste der gefährdeten Arten geführt werden, erweist sich das als kein Problem.
Soll aber keiner versuchen seine Karre da in die Landschaft zu stellen!
Bei der Hütte ist die Lindaá ein erstes Mal zu furten und knapp zwei Kilometer weiter dann noch einmal.
Hier tanke ich schweren Herzens und Rucksacks noch 4 Liter Wasser auf, das mir bis zum Heršubreiš reichen
muß. 4 kg mehr auf dem Buckel sind deutlich spürbar und ich bin froh, daß mir auf dieser Route kaum Anstiege
drohen. Die sandige Piste verläuft nun gut 10 Kilometer eingeklemmt zwischen einem Lavafeld im Westen
und dem Hangfuß des Höhenrückens Kreppuháls. Habe nur drei Mal Begegnungen mit Fahrzeugen, dabei ein Konvoi
von fünf holländischen Landrovern. Die Piste bietet wenig Abwechslung und ich bin froh, daß sie wenigstens
nicht stur geradeaus verläuft. Immer leichte Kuppen und Biegungen, so daß man selten mehr als ein paar
hundert Meter vorausschauen kann. Zwei Raben überfliegen mich heiser krächzend.
Besuche noch den großen Felsblock unter dem ich früher gezeltet habe und wandere dann noch ein
wenig flußab um die Felsgemälde an der Prallwand der Jökulsá besser sehen zu können. Angeblich hat
Anfang der 70er Jahre ein holländischer oder deutscher Künstler(?) den genealogischen Stammbaum
der Völsungen (Niebelungen)
in großen, weißen Lettern an die Felswand gemalt. Würde mich interessieren, was dahinter steckt.
Zumindest kann man an ihnen gut den Pegelstand ablesen. Bin unzufrieden mit meinem Knie und humple zum Zelt zurück.
F902
Ab jetzt bin ich wieder auf mir schon bekannten Wegen. Schön hier mal ohne Südwind und Sandsturm
durchzukomen. Ich gehe nicht ganz bis zur Brücke über die Jökulsá, sondern such mir schon vorher ein
Plätzchen. Zweimal habe ich schon direkt neben der Brücke gezeltet und jedesmal war mir dabei ein wenig
unwohl bei dem Gedanken an ein plötzliches Hochwasser und überhaupt macht der Fluß einen Höllenlärm.
In drei aufeinanderfolgenden Jahren hatten Jökulsá und Kreppa einen "hlaup", ein Hochwasser
hervorgerufen durch den Aubruch eines subglazialen Sees.
Auf der Höhe etwa 500 Meter vor der Brücke schlage ich mein Zelt im Windschutz eines großen
Lavablockes auf Bimsstein und Sand auf. Jeder Hering muß mit einem großen Stein gesichert werden.
Jökulsá á Fjöllum
Mache noch einen Spaziergang zur Brücke und photographiere die Katarakte der Jökulsá im abendlichen
Gegenlicht. Seit meinem letzten Besuch vor fünf Jahren ist auf der Nordseite
eine Kiesbank zu einem regelrechten Parkplatz aufgeschüttet worden. Wieder Fahrzeuge mit gelben Nummern und
dem NL-Aufkleber. Zwei Landies und zwei sogenannte Expeditionsfahrzeue, bei denen man sich aufgrund
ihres martialischen Aussehens fragt ob sie nicht auch gepanzert sind. Fahrbare Sardinenbüchsen mit winzigen
Fensterchen. Bloß keinen Kontakt mit der Natur - irgendwie widersinnig damit hier rumzukesseln! Sahara
ist dieses Jahr aus der Mode gekommen - Entführungen sind wohl doch ein bischen zu abenteuerlich. Also
muß eine andere Sandkiste herhalten damit man endlich mal sein Sperrdifferential benutzen kann.
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