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Ísafjörður
Pünktlich laufen wir in gemächlicher Fahrt aus dem Hafen aus. Dann beschleunigt das Boot auf seine Reisegeschwindigkeit.
Hoppla - das geht ab! Lange Wellen - kürzere Wellen. Das Boot setzt hart ein und die Gischt fliegt über die Fenster. Manchmal
fahren wir sogar durch einen Sonnenfleck. Die offene Pätze im Heck des Bootes sind nur noch von den Allerhärtesten, mit
zugezogenen Anorakkapuzen besetzt. Im Boot sind manche Passagiere merklich stiller und um die Nase blasser geworden. An der
Bucht von Grunnavík werden zwei verwegen aussehende Kerle ausgebootet. Ich konnte sie aufgrund ihrer Sprache nicht einordnen,
aber ihre Klättermusen-Rucksäcke sahen beeindruckend aus.
Der Blick in die Jökulfirðir verheißt nichts Gutes. Himmel und Wasser verschwimmen in hellgrauen Regenschleiern. Zum Anlegen
in Hesteyri scheint noch mal kurz die Sonne. Die Tagesausflügler gehen von Bord und eine Gruppe von Isländern, vollbepackt mit
Sporttaschen und Kühlboxen steigt zu. Dann weiter zum Veiðileysufjörður. Etwas früher als erwartet tauchen wir in das schlechte
Wetter ein. Die Fjordufer sind kaum mehr zu erkennen. Nieselregen und eine kurze, harte Welle von vorn. Wieder wird ausgebootet.
Diesemal ein französisches Pärchen - sie bekleidet in einer eher modischen Lederjacke (wie bitte?). Dafür kommt
eine Gruppe Isländer kommt an Bord - alle völlig durchnässt. Das Boot prescht weiter durch eine graue Wassersuppe zum entlegensten
Fjord, dem Hrafnsfjörður, meinem Ziel.
Eigentlich macht es mich überhaupt nicht an, mich jetzt dort aussetzen zu lassen. Wieder werden die Rucksäcke aus dem Bauch des Schiffes
gewuchtet. Schnell zehe ich noch Regenhose und Anorak an, die ich dummerweise im Rucksack hatte. Schwimmweste drüber und
rein ins Schlauchboot. Mit mir kommt noch ein einzelner Isländer mit einem kleinen Rucksäckchen. Ehe wir uns versehen, sind
wir an dem steinige Ufer an Land gesetzt. Der Schlauchbootfahrer verlässt uns und fährt weiter an Ufer entlang und sucht
noch nach einem einzelnen Wanderer den er hier irgendwo abholen soll. Der Isländer erklärt mir derweil, dass er gleich zum
Reykjafjörður aufbricht, wo er ein Haus hat. Er schultert seinen kleinen Rucksack und im Nu bin ich allein zwischen den
Felsblöcken am Ufer.
Hüttenbuch
Schlage mein Zelt nahe der Hütte auf einem leidlich eben Platz auf. Nun peitscht ernsthafter Regen vom Pass herunter. Mein
Anorak ist durchnässt, aber die neue Regenhose bewährt sich. Ich richte mich im trockenen Zelt ein, gönne mir einen heißen Tee
und einen Müsliriegel und versuche ein Mittagsschläfchen. Die Windböen schüttel das Zelt und die Regentrofen knallen an die
dünne Stoffwand. Bin verschnupft - die Nase ist dicht und fühle mich nicht wohl. Bin froh den Übergang heute nicht versucht
zu haben. Nickerchen bis 18:00 Uhr. Lese und koche mir dann ein Abendessen. Anschließend an den Tagebuchaufzeichnungen.
Um 20:35 Uhr setze ich mit meinem SPOT-Messanger eine OK-Meldung ab. Wetter kaum verändert - Moral mies.
Zeltplatz Ísafjörður. Bin früher als geplant mit dem Auto in Ísafjörður angekommen und habe zwei ruhige Tage hier verbracht.
Das Wetter ist, wie die letzten Tage, bedeckt und windig. Endlich ist es
Samstag - der einzige Tag in der Woche, an dem das Fährboot zum Hrafnsfjörður fährt. Bin schon um 6:00 Uhr auf. Kurz scheint die
Sonne auf das Zelt. Dann folgt ein ebenso kurzer Regenschauer. Alles gepackt und mit dem Auto zum Hafen gefahren. Vorher noch
kurz bei der Touristen-Info vorbeigeschaut und dort einen Bekannten vom letzten Islandtreffen getroffen. Am Steg von Sjóferðir
füllt sich das Boot mit Tagesausflüglern, (hübschen, weiblichen) Guides und rucksackbelandenen Trekkern. Die Rucksäcke
verschwinden unter Deck und die Fahrgäste suchen sich ihre Sitzplätze. Vor allem die nicht überdachten Plätze im Heck des
Bootes sind beliebt.
Ich bin unschlüssig. Wind und Wetter drücken von Osten, vom Furufjörður her, über den niedrigen Pass der Skórarheiði. Drüben
wird das Wetter sicherlich nicht besser sein. Ich folge dem isländer den Strand entlang zur nahen, rot gestrichenen
Rettungshütte und schau mich in ihr um. Die Hütte ist mehr als karg eingerichtet und klein. Das Gästebuch ist abenteuerlich
verschimmelt. Ausgerechnet die letzten zwei Einträge sind von Menschen, die ich kenne, Markus Bissig und Uwe Grunewald. Uwe
war wohl auch der Wanderer, den das Boot hier abholen sollte. Schade, dass ich beide verpasst habe.