7. Tag, Smiðuvík - Hornbjargsvíti

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Dieter Graser © 2014

Freitag, 9. Juli 2010


Ruine
Am Morgen immer noch Regen. Liege im warmen Schlafsack und freue mich über trockene, warme Füße. - So viel zum Thema Motivation! Das einzige, was mich positiv stimmt ist, dass die Wolken über der See zum erstem mal so etwas wie Struktur zeigen. Manchmal wirkt das freundliche Gelb des Innenzeltes noch eine Spur heller. Doch bevor sich Optimismus ausbreiten kann verstärkt sich das Ploppen der Regentropfen auf dem Zelt. Frühstücke langsam und gemächlich. Erstaunlich! Die angebrochene Gaskartusche tut es immer noch. Ich hatte ihr zu Beginn der Tour etwa zwei Tage gegeben. Jetzt hat sie eine Woche durchgehalten - oh - ich war sparsam.

Irgendwann gegen Mittag werde ich von hier aufbrechen. Als Tagesziel habe ich mir den Leuchtturm Hornbjargsvíti gesetzt. Laut GPS sind das 8 km. Nur am Ende kommt mit dem Axarbjarg ein An- und Abstieg von knapp 300 Höhenmeter. Ich rechne 4 - 5 Stunden, mit Furten, Fotostops und Pausen - vorausgesetzt das Wetter gibt mir ein Fenster. Die Isländergruppe hat für die Strecke zwischen den Hütten Hornbjargsvíti und Bolungarvík 12 Stunden gebraucht. Die Tschechen sahen so aus, als lägen sie in einer ähnlichen Größenordnung. Laut GPS sind das 20,5 km, aber die Strecke braucht mit den Passübergängen eben ihre Zeit.

Smiðjuvík
12:00 Uhr - Regenpause? OK - einfach mal langsam zusammenpacken. Was freue ich mich schon auf die feuchten Klamotten! Tatsächlich wird das Wetter immer besser. Bin gerade am Rucksack packen, als ein Wandererpaar vorbeikommt - schon wieder Tschechen! Sie sind heute Morgen bei Regen aufgebrochen und haben immer noch ihre Ponchos über. Sie wollen heute noch "mindestens" bis zur Bolungavík.

Neugier
Um 13:00 Uhr breche ich auf. Der Weg aus der Smiðjuvík nach Norden ist nicht markiert. Prompt verliere ich die Pfadspur im Aufstieg aus dem Tal mehrfach im hohen, nassen Gras. Auf dem Plateau über der Klippe Drífandisbjarg verläuft sich der Weg endgültig. Meine Aufmerksamkeit fesseln drei junge Füchse, die um ihren Bau herum spielen. Der Bau ist unmittelbar in den Klippenrand gegraben - 150 m senkrecht über der Brandung! Versuche lange mich anzuschleichen um ein paar Fotos zu machen. Aber trotz ihrer Neugier sind die Füchse zu scheu, als dass sie mich nahe heran kommen lassen würden. Etwa ein Stunde spielen wir "Katz und Maus", oder besser "Fuchs und Haas"?

Drífandi
In das Drífandidalur hinunter find ich dann wieder den Weg. Den schönen Bach furtet man kurz bevor er über eine hohe Klippe ins Nordmeer stürzt. Mache nach der Furt ausgiebig Pause und feiere das zunehmend bessere Wetter mit einem Stück Salami. Die Sonne(!) hat sich durchgesetzt, nur an den Bergen halten sich Wolken. Ihre nassen Flanken beginnen zu dampfen sobald sie von der Sonne beschienen werden. Meine Laune steigt, irgendwie bin ich der festen Überzeugung, dass ab jetzt das Wetter auf dieser Tour mitspielen wird.

Hrolleifsvík
Der Weg führt nun, oft in unmittelbarer Nähe zum Klippenrand, in stetem Auf und Ab zur Bucht Hrolleifsvík und bietet atemberaubende Tief- und Ausblicke auf Meer und Steilküste. Von weitem schon ist der rote Leuchtturm und das Leuchtturmwärterhaus Hornbjargsvíti zu erkennen. Die Hrolleifsvíkurá furtet man am besten etwas oberhalb des zweiten Wasserfalls. Der weitere Weg über den Ausläufer des Axarfjall ist gut markiert und kann nicht verfehlt werden. Der Aufstieg kostet noch einmal etwas Kraft. Irgendwann wird mir auch die Jacke zu warm. Erneut kreuzt ein Fuchs meinen Weg. Ein Piepsen aus dem Rucksack! Mist! Das Handy hat sich eingeschaltet - wer weiß wie lange schon? Ich wühle es heraus und stelle fest, dass ich Netz habe, Woher nur? Nutze die Gelegenheit und rufe meine Freundin an. Dann schnell noch zwei SMS beantwortet: an die besorgte Lene am Eyjafjörður und an Philip der mit seinem postgelben VW-Bus jetzt die Südküste abklappert.

Hornbjargsvíti
Nach diesem Zwischenspiel die letzten Höhenmeter. Es ist 20:00 Uhr und der Tag ist doch lang geworden. Herrlicher Blick hinunter auf den Leuchtturm und die Bucht Látravík. Dahinter die über 500 m hohe Klippe des Kálfatindur. Der Abstieg über die steile Flanke des Öxi ist nur noch eine Formsache. Vor dem Haus des Leuchtturms, das als Hütte (mit Dusche!) geführt wird, sitzt eine Gruppe Isländer in der Sonne und beobachtet einen Fuchs, der sich hier ohne Scheu durchfüttern lässt.

Auf dem Zeltplatz nördlich der Hütte - na sieh mal einer an - das Zelt der Belgier. Viel schneller waren die beiden auch nicht. Einer kommt sogar zu mir herüber und erzählt, wie es ihnen ergangen ist. Also doch nicht so kontaktscheu! Zahle beim Hüttenwart für den Zeltplatz und kann auch zwei Dosen (echtes!) Bier erstehen. Beim Zeltaufbau hat mich ganz zutraulich der Fuchs besucht. Zum späten Abendessen gibt es die zweite Hälfte der Pasta Carbonara und ein Bierchen dazu. Schade, dass die Sonne hinter dem Berg verschwunden ist.


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