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Der Kontrollblick aus dem Hüttenfenster zeigt um 5:00 Uhr, daß sich das Wetter um keinen Deut gebessert hat. Im Gegenteil:
Die Wolken liegen nun auf und es wechselt ständig zwischen Niesel und Regen. Stelle die Weckfunktion meiner Uhr ab und schlafe
weiter. Um 8:00 Uhr endlich aus dem Schlafsack.
Es fällt nicht mehr ganz so feucht aus dem Himmel und so gehe ich erst mal
Heidelbeeren für das Frühstück sammeln. Man soll sich ruhig was gönnen. Danach etwas gelesen und versucht den Ofen wieder
in Gang zu bringen. Der Versuch ist erst ziemlich erfolglos. Habe mit dem Taschenmesser aus den Bretterstückchen schöne Späne
abspalten können und mit einer Seite aus dem Immobilienteil einer Süddeutschen Zeitung vom 17. August, die irgendwie den
Weg hierher gefunden hat (was man in den Hütten so alles findet - in der Hlöšufell Hütte war es ein 2 Jahre alter Spiegel,) kam
das Feuer schließlich in Gang. Eine ungewöhnlich starke Böe drückt aber plötzlich durch den Kamin und der kleine Jotul-Ofen
speit aus allen Ritzen Qualm. Im Nu ist die Hütte eine Räucherkammer und ich muß sie erst einmal durchlüften. Dann ein neuer
Versuch und gerade, als der kleine, schwarze Drache erneut einen Schwall beißenden Rauches in die gute Stube speit, öffnet
sich die Hüttentür und - bonjour - ein Franzose fragt nach dem Weg zum Gletscher. Draußen stehen zwei Geländewagen.
Far
Zurück an der Hütte koche ich uns noch einen Kaffee und dann ziehen die Franzosen weiter. Verbringe einen geruhsamen
Nachmitttag bei Lektüre und Heidelbeeren (wieder reiche Ernte!). Zwischendurch neckt mich das Wetter und die Sonne bricht
für einen kurzen Augenblick durch. Dann bleibt wieder alles beim alten - Wind, Nieselregen und Nebel. Noch einmal mache ich den
"Furteinweiser"; dieses mal für Italiener. Es wird Zeit daß ich mir einen Plan B zurechtlege. Der Weg entlang des
Jarlhetturkvísl würde mich seit 2 Tagen direkt in eine dicke Wolkensuppe führen. Nahe dem Gletscherrand nutzt die Karte wenig.
Wer weiß wie sich die Landschaft und das Gewässernetz dort seit dem starken Gletschervorstoß von 1999 geändert hat. Als
Alternative gebe ich die Route über den Hagavatnsvegur direkt zur Brücke bei Kór am Fuß des Bláfellsháls in das GPS ein.
Hüttenabend
Moment - ich komme mit! Ich werfe den Anorak über und lotse sie durch die schon erkundete Furt des Jarlhetturkvísl, einem
seitlichen Zufluß des Far, über die groben Steine des Hochwasserbettes des Hauptflusses. Danach ist die Piste Richtung
See wieder besser fahrbar. Das letzte Stück ist jedoch zu steil. Wir stellen die Fahrzeuige ab und steigen zu Fuß die
letzten Meter hinauf zum Hagavatn. Droben bläst ein
heftiger Wind und peitscht den Nieselregen an die Anorakkapuze. Die Sicht auf die Kalbungsfront des Gletschers ist bei
diesem grauen Wetter nicht besonders eindrucksvoll. Wasser und Eis sind grau und der Gletscher verschwindet nach wenigen
Höhenmetern in ebenso grauen Wolken. Da lohnt schon eher der Blick zurück auf die Schlucht und die Wasserfälle des Far.
Erst 1938 verlagerte sich der Abfluß des Hagavatn durch einen Gletscherlauf und der Far erodierte sich eine neue Schlucht in
das Tal hinunter. Der alte, etwa 1 km weiter westlich gelegene Abfluß, fiel trocken.
Nach dem Abendessen noch schnell einen Abendspaziergang auf den Berg (P513) oberhalb der Hütte. Kaum bin ich oben sitze ich
schon wieder in Nebel und Regen - so war das nicht gedacht. Wenigstens hat es für einen kurzen Rundblick gereicht. Etwas
eingenäßt zurück zur Hütte. Bei Kerzenlicht an den Aufzeichnungen.