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6. Tag Þverbrekknamúli

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Copyright © Dieter Graser

Dienstag 25. März 1997


Gegen 7:00 Uhr kurz raus. Den Hrútfell direkt vor hält der Nebel verborgen, leichter Südwind, Sicht nach Osten ist frei. Rosa Wolken am Himmel. Das Thermometer an der Hüttenwand zeigt -1°C. Der Schnee ist pappig, wenn auch nicht richtig naß und an der Oberfläche leicht angefroren. Zurück in den Schlafsack und noch eine halbe Stunde gedöst. Dann wieder auf und mich erst einmal um meine Blase an der Ferse gekümmert - neues Wunderpflaster - soll phantastisch sein. Draußen etwas Sonne, aber nur für ein paar Minuten. Eintrag ins Hüttenbuch. Die letzten Gäste kamen vor einem Monat mit Motorschlitten. Davor letzte Eintragung vom Ende Oktober. Draußen jetzt Schneefall, Wind und Nebel. Die warme freundliche Hütte ist kein schlechter Platz, um eine Wetterbesserung abzuwarten. Auf jeden Fall besser als in Hvítárnes. Habe auch Dank einer Beschreibung, die ich im Hüttenbuch fand den Ölofen in Gang bekommen. Vielen Dank den Mädels aus Berlin, welche die die Gebrauchsanweisung aus dem Dänischen übersetzt haben! Das Geheimnis ist, daß man nach Betätigung von Hebel "1" 10 - 15 Minuten warten muß und erst dann den Ofen zünden kann! Auf jeden Fall läßt auf ihm auch gut Schnee schmelzen.

Hütte Þverbrekknamúli

Am Vormittag verschiedene Beschäftigungen. Mit dem GPS die Position der Hütte bestimmt. Laut Karte sollte sie 600 m weiter südlich liegen. Für die Route zur nächsten Hütte Þjófadalur im "Tal der Diebe" noch zwei zusätzliche Wegpunkte eingefügt. Um mir etwas Bewegung zu verschaffen den Eingang der Hütte besser freigeschaufelt. Weiter Schneefall. Die Sicht beträgt 100 - 200 m, falls in diesem Bereich ein Felsen sein sollte, den man sehen könnte. Heute wird es wohl nichts mehr. Kaffeechen, Lektüre und dann Siesta. Am Nachmittag das Zelt in der Hütte zum Trocknen aufgehängt und ich widme mich der Materialpflege. Gegen 16:00 Uhr dann ein kleiner Erkundungsgang mit den Skiern zum Steg über den Fúlakvísl. Hatte auch GPS und Kompass dabei um sicher wieder zurückzufinden. Die Ski gleiten trotz 10-15 cm nassem Neuschnee hervorragend, aber vielleicht liegt es einfach daran, daß ich keinen Schlitten ziehen muß? Die Sicht ist mäßig und außer den Steinwarten, die den Weg zwischen Hütte und Steg markieren ist nichts zu sehen. Ein kräftiger Wind bringt weiter feuchten Schnee, der bei der Berührung mit der Kleidung sofort schmilzt und durchsuppt. Kein Spaß - war die richtige Entscheidung heute einen Ruhetag einzulegen und noch eine Nacht zu bleiben.

Im Schlafsack liegend danach noch Taschenbuch, das ich noch in letzter Minute auf dem Münchner Flughafen erstanden habe, gelesen. "Die Alpen und ihre Menschen in Texten deutschsprachiger Autoren des 18. und 19. Jahrhunderts". Beschauliche Lektüre in handlichen Portionen - irgendwie wollte ich hier keinen Krimi oder ähnliches lesen. Ein Buch habe ich eigentlich immer dabei, aber es sollte auch keine allzu schwere Kost sein. Gerade bin ich bei Goethes Reise von München nach Verona. Denke an die Erfahrung meines französischen Schwagers Christian, der im norwegischen Fjell zwei Tage im Schneesturm in einer Hütte festsaß und nichts zu lesen hatte außer ein paar norwegischen Magazinen. Außer dem Hüttenbuch gibt es hier allerdings sonst auch nichts.

Zum Abendessen Spaghetti mit Tomaten-Käse-Sauce. Um 19:00 Uhr helle rosa Flecken am Himmel. Der Wind hat nachgelassen, Temperatur -1°C, vom Hüttendach tropft es noch herunter. Die nähere Umgebung entschleiert sich langsam - Hoffnung für morgen? Bilder von der Hütte gemacht und eine gute Tat vollbracht. Habe den Eingang zum Klohäuserl freigeschaufelt. Der Lohn: innen lag auch noch mal ein halber Meter Schnee! Die Sicht auf den Hrútfell ist jetzt ganz frei. Der Berg sieht von der Hütte eigentlich gar nicht so hoch aus. Oben, auf dem Gipfelplateau hat er einen kleinen Gletscher von dem aus drei Zungen steil über die Nordflanke herunterziehen.

Zurück in der Hütte ist doch dem seltsamen japanischen Ofen der Saft ausgegangen. Selbst die dänische Betriebsanleitung schweigt sich darüber aus, wie man ihn nachfüllt, also muß es offensichtlich sein. Ein entnehmbarer Auffülltank ist schnell gefunden und im Vorraum finden sich auch drei rote Kanister deren Beschriftung einigermaßen mit der auf dänisch geforderten übereinstimmt. Ansonsten ist nur explizit als Lampenöl ausgewiesener Brennstoff da. Ein Job für Pyromanen. Das Öl fülle ich im Freien um, reinige den Nachfülltank und setze das Ding wieder in Gang - schön! Der vierarmige Ersatzkandelaber und die Petroleumlampe machen es richtig gemütlich (+16°C). Heiße Schokolade, Aufzeichnungen und kleine Zeichnung im Hüttenbuch. Draußen schneit es wieder in kleinen Flocken. Die Temperatur ist auf -2°C gesunken.


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7. Tag Þverbrekknamúli - Sandfell