Ina von Grumbkow

Ísafold
Reisebilder aus Island

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Online Version erstellt von Dieter Graser

Kapitel XII.

Am Mývatn.


Der Abritt vom Hotel Akureyri erfolgte am Donnerstag, den 6. August um 9 1/2 Uhr bei freundlichem Sonnenschein. Herr Reck, Sigurđur, ein Packpferd mit unseren Privatkisten und ich bildeten an diesem Tage die kleine Karawane. Ein älterer Farmer aus Húsavík, der bis zum Gođafoss den- selben Weg hatte wie wir, ritt die ersten Stunden mit uns, eine willkommene Abwechslung für Sigurđur. Wir begaben uns zur Eyjafjarđará, um dieselbe zu durchfurten; heumachende Bauern an ihrem Ufer rieten davon ab, da sie heute besonders viel Wasser führen solle, sie hielten es für günstiger, daß wir durch den Fjord ritten, es sei Ebbe. —

Wir kehrten eine Viertelstunde nordwärts zurück bis zu den ersten Häusern Akureyris und dann gings in den Eyjafjord hinein. Der Fjord ist nahe dem Ufer flach, erst langsam steigen die Wasser den Pferden bis übers Knie.

Die Häuser von Akureyri hinter uns wurden kleiner, die Va9lahei9i stieg, ohne daß wir uns ihr merklich näherten, stolzer und steiler vor uns auf.

Wir kamen in die Mitte des Fjordes und jetzt umbrauste uns der Wind, der mit den Fluten der Eyjafjarđará von Süden durchs Bergtal herunterkam, so daß sich recht muntere Wellen erhoben; da wir rechts nahe der Flußmündung, links nicht mehr durch den Sandhaken von Oddeyri geschützt waren, gingen die Pferde merklich tiefer, sie schritten langsam und vorsichtig, längst waren unsere Füße aus den Bügeln gezogen. Als aber, mit noch mindestens l km Wasser vor uns Sigurđur und des Farmers Pferde zu schwimmen begannen, befahl Herr Reck den Rückzug.

Wir mußten vorsichtig auf der Barre zurückreiten, es wäre langweilig gewesen, hätte nicht die Flut, die entgegen den Mitteilungen der Bauern im Steigen begriffen war, unsere Aufmerksamkeit recht in Anspruch genommen. Die schwarzblauen Wogen waren bedeutend tiefer als beim Hinritt. —

Glücklich wieder an der Uferseite Akureyris, blieb uns nichts übrig, wollten wir die gegenüberliegende Seite erreichen, — als eine halbe Stunde talaufwärts zu reiten, wo bei einer Farm ein Boot zur Benutzung lag. Der Zeitverlust war empfindlich, aber nicht zu vermeiden. —

Wir fanden das Boot im Fluß, es war bis zum Rande mit Wasser gefüllt und lustig spuckten, während es im Wellengang schaukelte, andauernd kleine Spritzer mehr von dem Stoff hinein, den wir heut' schon zur Genüge als naß empfunden. — Resigniert ließen Herr Reck und ich uns auf dem frischen Gras nieder, da wir uns gegenwärtig nur durch Abwarten betätigen konnten. Unter dem Druck der Verhältnisse lernte ich allmählich von meinem Reisegefährten, zu allem „Zuwidren" zu schweigen.

Sigurđur begab sich zu der fünf Minuten entfernt, am Berghang liegenden Farm, um den Bootinhaber und die fehlenden Riemen zu holen, — »im Verlauf der ersten Viertelstunde wird nach dem Farmer gesucht, im Verlauf der zweiten kommt er", — berichten meine Notizen. Als er da war, uns freundlich begrüßt hatte, ergab es sich, daß das Schöpfgefäß im Boot fehlte, — er aufs Pferd zur Farm zurück und wirklich sehr schnell kam er mit einem Eimer zurück. Ebenso schnell schleuderte er zehn, zwölf, fünfzehn Eimer Wasser aus dem Boot; die längst abgeladenen zwei Packkisten, unsere Sättel kamen hinein, die Pferde wurden in den tiefen Fluß getrieben, um durchzuschwimmen. Wir Fünfe verstauten uns in dem winzigen Boot, — wie wurde uns gar nicht klar bei der Geschwindigkeit, — alles in dem Bestreben ein wenig der verlorenen Zeit wieder einzuholen — drüben gings dann in ebensolcher Schnelligkeit auf die nassen, rasch gesattelten Pferdchen. Sie hatten am Ufer so gutes Gras gefunden, daß sie glücklicherweise dieses Mal nicht davon gerannt waren. Der Farmer von Gil bekam seine üblichen Kronen und wir jagten vorwärts, — eine Stunde sollte uns der Übergang bis zur Va91ahei9i kosten, vier brauchten wir, — wann kommen wir jetzt nach Sküútustađir? —

Als wir langsam an der Flanke -der Vađlaheiđi entlangritten, kamen schon gelbe Sandsturmwolken hinter uns von Süden her das Tal entlang. Nachdem wir die Höhe erreicht, von der wir vor fünf Tagen den herrlichen Blick auf Akureyri genossen, waren Tal, Fjord und selbst die untere Hälfte der hinter Akureyris Häusern aufsteigenden Bergwand meilenweit in den dichten, feinen Sanddunst gehüllt, den die verschleierte Sonne sonderbar rötlich übergoldete.

Jenseits, auf dem uns schon bekannten Zickzackwege ins nächste Tal absteigend, bot sich uns fast das gleiche Bild, — dichte gelbe Sandwolken, die der Wind bis zu 200 m hoch auf das Plateau der gegenüberliegenden Basaltwand hinaufwirbelte, um oben damit weiter zu fegen.

Die Fnjóská mit ihrem steinigen Boden hatten wir auch schon passiert, die von einem Engländer er- baute Holz-Gitterbrücke in nächster Nähe durften wir nicht benutzen, da sie noch nicht dem Verkehr über- geben war.

Weiter gings, — da immer der wütende Sand- sturm um uns herum, mit Sandbrille und zusammengebissenen Zähnen, — über Háls (Hauls) am Ljósavatn vorbei, um erst am Gođafoss wieder in ruhige Luft zu kommen. Der freundliche alte Farmer aus Húsavík sagte uns an der Skjálfandafljotbrücke Lebewohl und wir erquickten uns einige Minuten am Anblick des herrlichen Gođafoss, des gewaltigen Wasserfalles, welchen der Skjálfandafljot hier bildet.

Acht Stunden waren wir bis jetzt unterwegs, ich war ein wenig müde nach den faulen Tagen in Akureyri, aber jetzt bekam ich mein anderes Reitpferd, die flinke, kleine Weiße und es ging besser.

Über die Fljótsheiđi führte der Ziegenpfad, eine nicht endenwollende Heidefläche, die auf mich so einschläfernd wirkte, daß ich an der nächsten Biegung nicht der Capricen der Kleinen gedachte. Mit dem ihr gewohnten heftigen Satz sprang sie in den Bach hinab und im selben Augenblick lag ich auch schon unten im flachen Wasser, blieb aber mit dem rechten Nagel-Stiefel im Bügel hängen. Ein zugleich eintretender Krampf machte mich unfähig, mit dem linken Fuß wenigstens festen Boden zu gewinnen. Mir blieb nichts übrig, als mich mitsamt der umgehängten Kamera über den, wie ich einwandsfrei feststellen konnte, sehr steinigen Bachboden ziehen zu lassen. Auf mein lautes »Hailoh, Reck, Sigurđur" tauchten nach einigen Minuten die weit Vorausgeeilten auf der Höhe auf, als ich glücklich wieder, immer noch im Bach, auf den Füßen stand.

„Es war das Dümmste, was Sie tun konnten, so zu schreien, das muß ja das Pferd scheu machen" erklärte Reck mir teilnehmend, — da wir aber doch noch nicht allgemein auf Funkspruch eingerichtet sind, hatte ich diese angeborene Mitteilungsmethode leider gewählt.

Nachdem wir bei stark gesunkener Dämmerung die tiefe gurgelnde Kráká (Kraukau) durchfurtet, — in der Sigurđur, wie er uns erzählte, mit einem Engländer fünfzig Pfund Forellen pro Tag gefangen hatte, — mußten wir noch eine lange Strecke durch Heideland reiten, bis wir um l Uhr nachts nach fünfzehn Stunden Ritt Skütustađir am Mývatn er- reichten. —

Zuversichtlich hofften wir, daß Trygve uns einen sehr schönen Lagerplatz erwählt, die Zelte gesetzt und auch sonst noch nach Kräften für einen wohltuenden Empfang gesorgt hätte, womit wir meinten, den Wassereimer gefüllt vorzufinden. Als wir aber, an die Steinwände der Pfarrerfarm Skútustađir der Kirche gegenüber einen Haufen Packkisten, Sättel und Packs gelehnt sahen, zerrannen die Illusionen, nichts war für uns getan.

Trygve schlief in der Farm, aber zu seiner Ehre sei 's gesagt, innerhalb kaum zehn Minuten war er munter und draußen. Schnell wurden die Zelte gesetzt, alles ausgepackt, der ersehnte Eimer Wasser geholt, Kochgeschirr herausgekramt, Spirituskocher gefüllt, die Dosen geöffnet, das Essen gekocht, gegessen und die Schüsseln während des Teetrinkens abgewaschen. End- lich um 3 Uhr a. m. konnten wir ins Säckchen kriechen, ohne den obligaten Schluck Kognak, wir waren zu müde noch die Flasche zu entkorken.

Am nächsten Vormittag — der Morgen war längst vorüber, als ich erwachte — hörte ich eine fremde Männerstimme fließend englisch sprechen, — das war unerklärbar, natürlich träumte ich, jedenfalls wurde es aber als Vorwand benutzt, noch nicht aufzustehen. Als ich dann endlich aus meinem Zeltchen herauskroch, war Herr Reck längst Vulkane inspizieren gegangen. Ich trank allein meinen Tee, als Sigurđur ans Zelt trat mit den Worten: "Here is the clergyman, he wants to speak to you". Es war der Pröfastur (Superintendent) Árni Jónsson, der mich freundlich einlud, so bald ich möge, ins Haus zu kommen, der Kaffee sei schon fertig. Dankend sagte ich zu, wenn mich auch seine freundliche Aufforderung einigermaßen in Verlegenheit setzte, ich fand dann aber, daß ich meinem Äußeren recht hübsch aufhalf durch das zweite Paar noch un- benutzter Nagelstiefel, durch ein breites, schwarzes Atlasband, welches als Shiips die dunkle Wollbluse sehr schmückte und — durch ein reines Taschentuch. Ich erwähne das Taschentuch besonders, da es mir als Verschwendung einen tiefen Eindruck machte, — ich hatte drei mitgenommen für diese Teilexpedition, Überfluß an Platz war wie bereits erwähnt nie in unseren Kisten. Die Stiefel trampsten natürlich mehr als die schon lange getragenen, auf den blitzsauberen Holz- dielen der schönen, großen Farm, als ich aber hinter dem weißgedeckten Tische in der Sofaecke saß, hörte und sah man sie ja nicht mehr.

Der Kaffee und die Sahne, frische Pfannkuchen, Gelee und Marmelade waren vorzüglich, und im Um- sehen waren zwei Stunden verflogen, während welcher ich mich ausgezeichnet unterhalten mit dem hochgebildeten, belesenen Herrn Prófastur. Gut kannte er meinen Verlobten, der sich bei seiner ersten Islandreise 1905, lange bei ihm in SkütustaSir, im Zentrum der sehrinteressanten Vulkangegend des Mývatn (Mückensee) aufgehalten hatte. Voller Interesse und Teilnahme begleitete er das Unternehmen, das jetzt vor uns lag. Seine Frau, die nicht englisch und wenig dänisch sprach, konnte sich leider kaum an unserem Gespräch beteiligen.

Nachdem ich noch die vorzüglich gebaute und behaglich eingerichtete Farm besehen, bei welcher mich besonders die Küche mit einem schönen Herd interessierte, verabschiedete ich mich von den liebenswürdigen, gastfreien Isländern.

Während ich mich eilig daranmachte eine Skizze vom Mývatn aufzunehmen, kehrte Herr Reck zurück und ging gleich darauf in die Farm. Nach geraumer Zeit kehrte er von dort mit der Nachricht zurück, der Prófastur habe ihm gesagt, wir würden unmöglich unseren Weg von Hrossaborg zum Herđubreiđ durch die wilde Odáđahraun (Lavawüste der Untaten) allein finden können, wir müßten einen Lokalführer mitnehmen. In der Person von Helgi Jónsson hatte er einen solchen schon in Vorschlag gebracht. Derselbe, ein kleiner, freundlicher, alter Mann, war bald zur Stelle und es wurde vereinbart, daß er am Montag, den 10. August, also nach drei Tagen, früh in Vogar am Mývatn mit uns zusammentreffen sollte.

Helgi Jonssön war vor zirka fünfzig Jahren einmal durch die Ódáđahraun geritten und in jener Zeit ebenfalls mit Jón Ţorkelsson, dessen Bruder, dem jetzigen Domprediger in Reykjavík und einem vierten Isländer in der Askja gewesen, — es schien etwas viel verlangt, daß er sich des „Weges" noch erinnern solle.

Um 6 Uhr nachmittags verließen wir nach herzlichem Abschied von Ärni Jönsson und seiner Familie die Farm Skütustaäir und traten zugleich den bequemsten und hübschesten Ritt, den wir in Island unternommen, an. Wir wünschten dem Explosionskrater Hverfjall (spr. Querfjall, Hver = heiße Quelle, fjall = Berg, fjöll = Gebirge) den Solfataren des Námafjall (spr. Naumafjaddl) und der Krafla (spr. Krawla) näher zu sein, darum begaben wir uns zu der ihnen um zweieinhalb Stunden näheren Farm Vógar.

Die Gegend um den Mývatn vereinigt mit den fesselnden Folgeerscheinungen des Vulkanismus, die sich auf fast jedem Fußbreit Islands dem Auge bieten, eine außergewöhnlich ansprechende, landschaftliche Physiognomie. — Die alte Lava ist stellenweise üppig bewachsen, duftendes Birkengebüsch, Heidekraut, Moose, Blumen und Gräser schmücken sie; zahllose Einbrüche, in denen sich Wasser gesammelt hat, machen den Eindruck von künstlich angelegten Teichen in diesem gartenähnlichen Terrain. Majestätische Archangelica-Stauden schmücken ihre Ränder und oft befinden sich innerhalb dieser größeren Becken winzige Inselchen von Lavazacken, auf denen eine einzige prächtig blühende Njoli (deutsch == Staude, unsere Führer nannten die Pflanze kurzweg Njoli.) sich im stillen Wasser spiegelt. Eine Menge der in Island sehr zahlreich vertretenen Wasservögel beleben mit Rufen, Krächzen und Geschrei die weite Fläche des Mývatn und seiner Nebenteiche, auf einem sahen wir den sehr scheuen „großen Polartaucher".

Um 8 1/2 Uhr p. m. schlugen wir, ganz dicht am Mývatn, eine Viertelstunde vom Fuß des Hverfjall bei Vögar, unser Lager auf.

Der folgende Tag war für einen Ritt zur Krafla bestimmt und schon um 8 Uhr a. m. verließen Herr Reck, Sigurđur und ich mit einem leeren Packpferd den Lagerplatz. Am Fuße des Hverfjall entlang gelangten wir, durch eine der Lapilliwüste bei Laki ähnelnde Gegend, nach einer kleinen Rittstunde auf die Paßhöhe am Námafjall.

Ein großartiger Fernblick bot sich hier ins weite Land, über Mývatns Öraefi (spr. Öreifi == Mückensees Wildnis). Gegen Osten, vor uns, zog am Krater Hrossaborg vorbei durch die weite, weite Ebene die Poststraße zum Ostland, auf die Jökulsá i Axarfirđi zu, welch letztere in weiter Ferne hie und da wie ein silbernes Band aufblinkte. Weiter südlich zog sich die Kette der Fagradalsfjöll, der Búrfell (Burfeddl), hinter dem sich die Dyngjufjöll (Düngjufjöddl) ahnen ließen, der Bläfjall (Blaufjaddl) und Sellandafjall. Nahe bei uns ragte rechts der Berg Nämafjall empor, dessen Gestein, durch viele Solfataren zersetzt, wechselvolle helle Farben trägt. Seine dunklen Gesteinszinnen umwallt der Dampf tätiger Solfatarenfelder. Nach Norden reichte die Öraefi weiter bis zur Krafla.

Wir ritten zu Tal, am Fuße der vom Birken- gestrüpp überzogenen Bergwand, sahen eine stattliche Herde Renntiere in lautloser Flucht vor uns über die Hügel jagen und erreichten nach kurzem Aufenthalt an der wildromantischen Solfatarenschlucht der Litia Viti und am Leirhnükr - Lavastrom nach vier Stunden den grünblauen Kratersee der Krafla. Derselbe, von gelb- braunen, in schwärzlichen Zacken verwitternden Palagonitwänden umrahmt, macht einen eigenartig fesselnden Eindruck.

Es regnete fein aber beständig und an den hochgelegenen Stellen wehte ein eisiger Nordwind, da war es unten bei den Solfataren ungemein behaglich. Welch wohlige Wärme strömte hier der Boden aus, in dem es an hundert Stellen und Stellchen behaglich schnurrend, wütend spuckend, kocht und brodelt, zischt und faucht. Vorsichtig stapften wir, um alles in der Nähe zu sehen, aber den von breiten Trockenrissen gefurchten, doch halbfeuchten Tonboden, in dem die Füße tief einsanken.

Möglichst suchten wir den Aufenthalt in dieser angenehmen Temperatur in die Länge zu ziehen, dann schieden wir von der schönen Krafla, um wieder hinauf zu reiten auf die Höhen, in den Wind und den mit Schnee vermischten kalten Regen.

Triefend erreichten wir nach einer Stunde den berühmten Hrafntinnuhryggur (Rabenzinnenrücken). Dr. Küchler hatte uns liebenswürdigerweise in Aku- reyri besonders ermahnt, hier nicht vorbeizugehen. Wie blitzten im spärlichen Licht die Zinnen des Hügels; herrlicher tiefschwarzer Obsidian ist es, überall anstehend. Nicht umsonst wurde das Packpferd mitgenommen, es bekam hier seine kleine Ladung prachtvoller Handstücke, die wir des Wetters nicht achtend, mit aller Sorgfalt schlugen.

Nach einem scharfen dreistündigen Ritt ohne Auf- enthalt waren wir nach elf Stunden um 7 Uhr abends wieder am Zelt.

Am folgenden Tag begleitete mich Trygve zur Paßhöhe am Námafjall. Während ich einige Stunden male, beaufsichtigt er die Pferde auf dem Gras im Tale. — Dreimal hüllt mich der Schneesturm ein und verbirgt die infolge der Feuchtigkeit der Luft ultramarinfarbenen Berge vor meinem Blick. Das Schneehäubchen des Burfell scheint zusehends größer zu werden und in diesen erzwungenen Arbeitspausen wünschte ich mich frierend zur warmen Krafla, oder doch zu den im Tal unter mir kochenden Schlammpfuhlen.

Um 4 Uhr trafen Trygve und ich am Zelt mit Herrn Reck und Sigurđur zusammen. Die beiden kamen von der entgegengesetzten Seite von einem Streifzug durch die Lava zum Bláfjall.

Über den See wehte es kalt, bald hüllt sich der hohe Vindbeigjarfjall ganz in Wolken und nicht lange währt's, da kommen lustig und kraus durcheinandergetanzt, vom Sturm getrieben, die ersten verstreuten Flocken. Bald sind wir dicht in den sausenden Schneesturm gehüllt, die Temperatur sinkt bedeutend.

Zwischendurch kommen wieder lichte Minuten, feuerglühend sinkt die Sonne, wie Kupfer leuchtet der schwarze Hverfjall von ihren Strahlen getroffen, aber Sturm und Schnee gewinnen wieder die Oberhand und zum ersten Mal frieren wir empfindlich. Wir suchen uns damit zu trösten, daß die Kälte uns wenigstens die am Mývatn allgemein gefürchtete Mückenplage fernhält.


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