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Nicht besonders gut geschlafen. Entgegen alle Gewohnheit noch um Mitternacht wachgelegen und schließlich einen Gang nach
darußen unternommen. Ein paar rötliche Wolken am Nordhimmel und der ebenmäßige Kuppel der Eríksjökull in zarten Blauabstufungen.
Auch nachts das eintönige Geflöte der Regenpfeifer.
Um 6:00 Uhr Sonne auf dem Zelt und Windstille. Das Geräusch auf dem Zelt könnte leicht mit feinem Regen verwechslet werden,
aber ich weiß, ohne Mückennetz brauche ich den Kopf gar nicht aus dem Zelt strecken.
Piste
Erst nach einer halben Stunde habe ich soviel von meinem fliegenden Begleitern abgeschüttelt, daß ich das Mückennetz
abnehmen kann. Ungefiltert kann ich nun die Landschaft genießen. Voraus erhebt sich der mächtige Klotz des Eriksjökull. Ich
werde heute den Tag damit verbringen langsam an ihm vorbei zu wandern. Genug Muße den Berg in Ruhe zu betrachten. Die Piste
verläuft mit leichten An- und Abstiegen stiegen in weiten Kurven dem Relief folgend. Linkerhand liegt das Tal der
Noršlingafljót. Ich rechne damit, am Mittag zur ihrer Furt, der Helluvaš, zu kommen.
Mordísarhęš
Noršlingafljót
Helluvaš
Um 15:20 Uhr erreicht die Piste schließlich bei Vopnalág wieder die Noršlingafljót. Zehn Meter von ihrem Ufer baue ich mein
Zelt auf. Auch hier herrscht heute Fliegenplage. Habe noch Tee in der Thermos und verputze dazu eine ganze Ritter Sport.
Schön - langsam kann ich daranhgehen meine Vorräte zu vernichten. Dann der übliche Zeltabend: dösen, kochen, futtern und einen
Verdauungsspaziergang unternehmen. Immer noch bewölkt, auch wenn sich am Eiríksjökull ein schüchtener Sonnenfleck zeigt.
Bis 20:45 Uhr an den Aufzeichnungen und an der Tagesplanung. Morgen sollte ich Húsafell erreichen. Wald, ein Zeltplatz,
ein Schwimmbad und ein Flugplatz verspricht die Karte. In meiner Erinnerung glaube ich noch irgendetwas von einer
Busverbindung nach Borganes zu finden. Somit käme ich am Freitag wieder nach Reykjavík. Zum Tagesausklang reißen die
Wolken im Westen auf und milde Sonnenstrahlen fallen auf das Zelt.
Aufbruch um 8:10 Uhr. Erst wieder hoch zu Piste und dann in flottem Tempo nach Süden. Die Piste nimmt mir die Wegsuche ab,
bin das schon gar nicht mehr gewohnt. Zu Fuß ist die Piste gut zu gehen. Geländewagen brauchen aber genügend
Bodenfreiheit und an einigen Stellen Geschick und Geduld um ohne Materialschaden durch verblockte Bachrinnen zu kommen.
Eilig darf man es hier auf vier Rädern wirklich nicht haben.
Am Álftakrók, befindet sich eine nicht in der Karte eingezeichnete Hütte. Dort machen sich gerade zwei Reiter ans Aufsitzen.
Wir wechseln einen kurzen Gruß, die üblichen Fragen nach dem Woher-Wohin, eine Bemerkung über das herrliche Wetter heute
Morgen ... und über die Fliegen, welche die Windstille offensichtlich geauso schätzen wie wir. Aber wenn es etwas gibt was
diese Plagegeister noch mehr lieben als Wanderer, dann die Nähe zu Pferden! Die "Schleppe", welche die Reiter hinter sich
herziehen zwingt für eine weitere halbe Stunde unter das Netz. Nach der Karte hätte am Álftakrók die F578 als (westliche)
Piste abzweigen sollen. Tatsächlich ist dort nur ein Reitweg, blau mit weißem Reiter, ausgeschildert.
Immer wieder nehme ich mir Zeit für Photos oder einfach nur um den Blick die Flanken des Eríksjökulls hinaufschweifen zu
lassen. Zwischendurch nehme ich mit dem GPS einige Wegpunkte auf und bin schon gespannt, wie und wo sie sich in das Kartenbild
einfügen werden. Trotz des inzwischen aufgekommenen leichten Windes ist es heiß. Nach stetigem Bergauf-Bergab erreiche ich
um 12:20 Uhr die ersehnte Erfrischung an der Helluvaš. Die Furt selbst ist klar, breit und gut knietief. Schließlich bedeutet
der Name Helluvaš nichts anderes als "flache Furt". Trotzdem werden Autofahrer sicher großen Spaß an den großen Steinen im
Wasser haben. Die Mittagspause am andereren Ufer wird mir etwas durch die Fliegen verleidet. Auch hat sich von Südosten
eine hohe Wolkenschicht über den Langjökull geschoben und verdeckt nun die Sonne. Erste Begegnug mit einem Fahrzeug.
Ein von Süden kommender normaler Personewagen dreht angesichts der Furt wieder um. Die Insassen sind kaum ausgestiegen,
kurz geguckt, mit den Schultern gezuckt und grußlos wieder verschwunden.
Breche um 13:00 Uhr wieder auf. Die südlich der Helluvaš recht gut ausgebaute Piste führt am Rand des Hallmundarhraun entlang.
Dabei bleibt die Piste eher im Lavafeld als außerhalb, um die sumpfige Heide zu vermeiden. Das ist auch kurzweiliger, auch wenn der
Pistenverlauf manchmal eher einer Achterbahn gleicht. Spätestens jetzt bekomme ich den Nachteil des "Pistengehens" zu spüren:
die Füße brennen. Ich gäbe was für noch eine Furt! Da ich weiß, daß ich nun etwa die Hälfte des Weges nach Húsafell hinter
mir habe, brauche ich nur an einer schönen, flachen, grasigen Stelle mit Zugang zu frischem Wasser vorbei zu kommen um es
für heute gut sein zu lassen. Aber diese Stelle will sich heute eifach nicht finden lassen und langsam werde ich etwas
ungeduldig.