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5. Tag; Laugavegur: Þórsmörk - Emstrur

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Copyright © Dieter Graser

Dienstag, 30. Juli 1996


Während der Nacht ein paar Tropfen und ab und zu ziemlich starke Windboen, die ganz unvermittelt das Zelt trafen. Es ist 6:00 Uhr, dunkle Wolken am Himmel. Sand auf dem Zelt - stammt wohl aus der Krossá. Aber es ist wieder windstill und trocken.

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(64 KB)Laugavegur

Aufbruch um 8:00 Uhr. Ui, ui, ui, ist der Rucksack jetzt schwer, wo die volle Ausrüstung mit dabei ist! An der Hütte vorbei geht es zuerst auf einem breit ausgebauten Spazierweg nach NW, Richtung Húsadalur. Bei jeder Steigung helfen Treppenstufen. Der ganze Weg wird überschattet von hohen Birken - ein Waldspaziergang - das gibt es nicht oft in Island. Dann auf einem schon deutlich schmaleren Pfad nach NE. Es geht langsam voran, denn es gibt kaum einmal ein flaches Stück. Nach etwa einer Stunde durch buschartigen Wald oder auch waldartiges Gebüsch erreiche ich die Þröngá mit ihrem breiten Hochwasserbett. Die ersten Rinnen können noch über größere Steine gequert werden, aber die Hauptrinne, direkt am Nordufer, muß gefurtet werden. Das Wasser ist grau-braun trüb, hat eine starke Strömung und ist gut knietief. Wald und Büsche sind am Südufer zurückgeblieben. Dann etwas mühsam, steil über den Höhenrücken Kápa zur Ljósá über die eine Steg führt. Kurios, diese nur wenige Meter breite, aber etwa zehn Meter tiefe Schlucht. Sie durchschneidet eine Flußterrasse der weiter westlich fließenden Markarfljót. Der obere Teil der Schlucht wird fast vollständig von den Kronen der Birken ausgefüllt die sich mit ihren Wurzeln an die Schluchtwände klammern. Der Wind sorgt offenbar dafür, daß die Zweige der Birken nur wenig über den Schluchtrand hinauswachsen können.

Endlich geht es flach dahin und ich kann "Kilometer machen". Allerdings herrscht am Boden ein stürmischer Nordwind während der Höhenwind aus Südosten kommt. Der Föhn über dem Mýrdalsjökull beschert mir ein trockenes Loch am Himmel. Die Föhnlücke ist messerscharf abgegrenzt und ringsum sieht es sehr nach Regen aus. Es ist viel Sand und Staub in der Luft, aber Sturmhaube und Brille halten das meiste ab.

Um 11:30 Uhr erreiche ich die Bjórgil. Zeit für eine Mittagspause im Windschutz der Schlucht. Eine Gruppe Isländer kommt aus der Gegenrichtung und auch sie machen hier Rast am Bach. Ihre Führerin habe ich schon am Samstag am Busbahnhof in Reykjavík gesehen - als ich sie anspreche, ignoriert sie mich vollkommen - ok, dann eben nicht! Mache mich nun regenfest. Keine Minute zu spät, der Wind dreht auf Nordost und stetig kommt es naß vom Himmel. Der Wind ist dennoch nicht schwächer geworden und versucht einen umzuwerfen. Weiter zur kleinen Schlucht Slyppagil und über die auf der Karte mit Sandar verzeichnete Verebnung. Schöner Blick auf den Canyon der Markarfljót, aber der Photo ist wasserdicht verpackt und bleibt wo er ist. Nach der Wegbeschreibung muß dann irgendwann der Bach mit der "schönen Zeltmöglichkeit" kommen.

Anmerkung: Entlang des Laugavegurs darf nur an den dafür vorgesehenen Plätzen an den Hütten gezeltet werden. Das ist keine Schikane, oder Versuch die armen Wanderer abzuzocken, sondern notwendig, um die Schäden an der Natur so gering wie möglich zu halten!

Zuerst aber ein kurzer steiler Abstieg und dann weiter nach Osten genau auf den Entujökull zu. Sturm und Regen kommen jetzt genau von vorne. Da ist auch der Bach. Trotz widrigen Verhältnissen suche ich nach der "Wasserfalldusche". Sie ist zwar da, aber heute sieht sie überhaupt nicht einladend aus - gestern wäre wohl ein Tag dafür gewesen. Mit dem GPS die Koordinaten genommen und weiter.

Ein guter Kilometer Luftlinie ist es nur bis zur nächsten Hütte, aber die liegt auf einem höheren Plateau und dazwischen die Schlucht der Fremri-Emstruá. In einer weiten Schleife geht es weiter nach Osten und dann in die Schlucht hinunter zur Brücke. Hoppla, hier ist Trittsicherheit gefragt! Ein paar halbherzige Meter Sicherungsseil und auf der anderen Seite geht es genauso steil und schmierig wieder hinauf - und unten kocht der Gletscherfluß. Nach der eigentlichen Schlucht folgt ein rechter Schinder von Aufstieg. Tiefer, weicher Sand - jeder Schritt rutscht zurück und es ist gnadenlos steil. Mit den Skistöcken eingerechnet kieche ich auf allen Vieren hinauf. Nach zwei Drittel des Hanges längere Verschnaufpause. Oben geht es dann wieder nach Westen auf die nun schon sichtbaren zwei Hütten zu. Am Bach vor den Hütten gibt es doch noch ein paar passable Möglichkeiten ein Zelt aufzustellen. Es ist einigermaßen eben auf dem schwarzen Sand, - besser geht es hier nicht und zwei Meter weiter plätschert der Bach.

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(64 KB)Emstrur

Die nassen Sachen ausgezogen, schnell ins Zelt und erst einmal eine Mütze Schlaf geholt, wie ich mir das auf Tour angewöhnt habe. Später Tee aus der Thermoskanne und Schokolade. Trotzdem ist die Moral nicht besonders gut. Alles ist feucht. Entweder ist der Anorak "fertig" oder ich habe beim Aufstieg so geschwitzt. Die Faserpelzjacke entsprechend und meine Isomatte jezt dito. In einer kurzen Regenpause bei der Hütte vorbeigeschaut. Nasse Franzosen, nasse Norweger und nasse Isländer und noch etliche andere nasse Nationen. Auch mein Zelt steht nicht mehr allein am Bach. Holländer, Amerikaner und Schweizer. Zum Abendessen Jägertopf. Moral nun schon viel besser! Es dächelet gleichmäßig. Werde mich früh in den Schlafsack zurückziehen und noch etwas lesen. Ach ja, gestern Nacht soll es am Álftavatn so gestürmt haben, daß kein Zelt unbeschädigt blieb - erzählten die Schweizer.


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