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Nebel - alles ist patschnaß. Auch der Schlafsack ist außen klamm und so muß er denn, so wie er ist, in
den Rucksack gestopft werden. Aufbruch erst um 8:30 Uhr - irgendwie werde ich immer langsamer.
Erst mal auf einer Schotterstraße 7 km stur geradeaus zum Hof Engidalur. Der morgendliche
Nebel hat sich gehoben und ich tippe darauf, daß es noch ein wunderbarer Tag wird. Rechts der
Straße nichts als weite Moorwiesen. Vereinzelt ein paar Schafe und Regenpfeifer, die erschreckt keine zwei
Meter vor meinen Füßen aus dem Gras spritzen. Am Hof Engidalur weist ein Schild zur Piste
zum Mývatn. Die Moorflächen meidend führt die Piste am flachen Talrand zu der Erhebung des
Jafnafell. Habe ein seltsames Erlebnis: zum ersten Mal ergreift ein Schaf bei meiner Annäherung
nicht kopflos die Flucht, sondern steht auf, schaut mich an und kommt bis auf zwei Meter Abstand
auf mich zu, folgt mir dann noch ein paar Schritte und wendet sich schließlich desinteressiert ab. Das
Schaf war übrigens schwarz.
Über die flache Kuppe des Sandfell hinab zum Hof Stöng. Mit Passieren des Hofes springt mein
imaginärer Kilometerzähler auf 500. Magische Grenze? Nein. Eindrücke, Erlebnisse, Begegnungen
und der Wechsel von Wetter, Landschaft und Stimmungen lassen sich nicht in Kilometer fassen.
Bin wieder auf
einer langen, geraden Staubstraße. An der 90 Grad Biegung nach Norden habe ich vorgesehen
weglos zu meinem Tagesziel dem Hof Helluvað an der Ringstraße zu gehen. Es wird nicht nur das
Ende diese Tages werden sondern auch das Ende der Tour.
Ich schlage wie geplant die Abkürzung nach Helluvað ein und stoße auch gleich auf eine Traktorspur
und einen überwucherten Weg. Logisch - der mußte ja auch hier sein. Die neue Straße macht einen
großen Umweg. Der Weg spart meinen nun schon ziemlich müden Füßen die Stolperei durch die
Þúfurwiesen. An einem See vorbei, über zwei Hügel und dann quasi durch den "Hintereingang",
vorbei am üblichen Schrott, hinunter zum Hof Helluvað und zur Straße. Der Klos im Hals löst sich
durch einen Juchzger.
Zwei Stunden lang versuche ich vergeblich per Autostop wegzukommen, dann ist meine Geduld zu
Ende. Ich schultere meinen Rucksack und gehe los. Ich komme aber nur einen Kilometer
weit, dann hält endlich ein freundlicher, älterer Isländer an und nimmt mich mit. Er fährt aber nur
das kurze Stück bis Skútustaðir, sagt er mir. Macht nichts, ist mir auch recht. Dann bin ich am
Endpunkt meiner '98er Tour. In Skútustaðir, gibt es einen Zeltplatz, Hotel, Restaurant und einen
kleinen Supermarkt. Keine 5 Minuten später sind wir dort und ich richte mich auf dem Zeltplatz
neben der Straße ein. Mein naß verpacktes Zelt kann nun bei leichtem Westwind und Sonne
trocknen. Ich entdecke im Waschhaus eine Dusche mit Warmwasser von der ich ausgiebig Gebrauch mache.
Der Rasierer hat etwas Mühe mit dem Vierwochenbart und es braucht seine Zeit bis er abgeschabt ist.
Über Hamburger mit Pommes und Leichtbier geht das Angebot des
Schnellrestaurants wieder mal nicht hinaus. Immerhin besser als aus der Tüte, oder sagen wir mal:
wenigstens mal wieder etwas anderes. Zu spät entdecke ich das Hotelrestaurant im gleichen
Gebäude. Ich bin müde, verkrieche mich früh in meinen Schlafsack und stöpsel mir wegen der nahen
Ringstraße die Ohren zu.
Birkenpilz
Meine Wetterprognose bestätigt sich. Der Nebel hatte sich gehoben und in zarte Wolkenfetzchen
aufgelöst. Die Sonne bricht durch und wärmt die Zwergbirkenheide am Südhang des Jafnafell. Die
Piste quert, auf einem von tiefen Gräben flankierten Damm, die einem grünen
See gleichenden Moorwiesen des Engidalur. Vorbei an der Graswällen der Ruine des alten
Torfgehöfts Stóriás. Eine schnurgerade Reihe von kleinen Steinwarten zieht sich durch ein Meer aus Gras
zurück zum Hof Engidalur. Pause am Sandvatn. Nehme mir Zeit für einige Pflanzenphotos. Weiter
zum Leirvatn und dann den kurzen Aufstieg hinauf zum Sandfell. Noch einmal den Blick zurück
über das grüne Meer. Am Horizont der schneebedeckte Schild der Trölladyngja und die Eisbastion
der Báðarbunga - sind es sechs oder sieben Tage her, daß ich unter ihrer Westflanke war?
An der Ringstraße
Nummer 1 - die Ringstraße! Ich stelle den Rucksack ab und setze mich daneben. 33 Tage, also fast
fünf Wochen war ich unterwegs. Aus - Amen - Ende! Ich fühle es jetzt, es reicht. Ich bin drei Tage
hinter dem Plan zurück und habe damit keine Zeitreserve mehr. Bis zur Ásbyrgi sind es noch 100 km
oder noch 7 Tage. Da wird es mit dem Rückflug knapp - diese Gegend schau ich mir ein andermal
an. Die Ringstraße hat mir schon oft als ein guter Endpunkt gedient. Ein letztes Futterpaket liegt in
Reykjahlíð, am anderen Ende des Mývatn, für mich bereit. Das werde ich morgen noch abholen, aber dafür
werde ich nicht noch einen Tag lang über eine Teestraße gehen.