11. Tag, Grímsfjall

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Copyright © 2004 Dieter Graser

Mittwoch, 7. Juli 2004


Bis 9:00 Uhr geschlafen. Heute ist planmäßiger Ruhetag. Langsames Frühstück und danach bis Mittag weitergeschlafen. Heute Nacht hat es offensichtlich nicht gefroren. Immer noch heftiger Westwind und Nebel. Die Sonne kommt nur in kurzen Momenten mal durch.

Im Windschutz
Schlafen macht hungrig, also koche ich mir zum zweiten Frühstück respektive Mittagessen eine Portion Spaghetteria. Heute ist der 7. Tag auf Tour und ich muß Ruhe und Energie tanken. Beim Gang auf die Toilette entdecke ich, daß die Südseite der Hütten windgeschützt ist und sich die dinkelbraunen Panelen der Hüttenwand trotz des diffusen Sonnenlichtes erstaunlich stark aufgeheizt haben. Stopfe später Schnee in meine Plastikflaschen und in einen Ortlieb-Wasserbeutel und hänge sie an die warme Hüttenwand, während ich an die Wand gelehnt sitzend die Aufzeichnungen des gestrigen Tages nachhole.

Hvannadalshnúkur
Für gerade mal 1 Minute wird der Blick über den Gletscher auf den Hvannadalshnúkur frei. Dann sitze ich wieder in meinem dünnen Nebelsüppchen. Schließlich wird es mir doch zu frisch und ich führe die die Aufzeichungen auf der warmen Toilette fort. Nebenan, aber für mich unerreichbar ist sogar eine Dampfsauna eingerichtet. An Energie scheint hier kein Mangel zu herrschen. Kein Wunder, schließlich befindet sich die Hütte direkt auf dem Karterrand eines der aktivsten Vulkane Islands! Der letzte Ausbruch war im Dezember 1998. Da hat es gereicht sich zu fragen warum auf dem Gipfel kein Schnee liegen bleibt und ein Rohr in die Tiefe zu bohren - fertig ist die Dampfheizung.

Grímsvötn
Zurück am Zelt baue ich einen Windschutzwall, eine Arbeit mit der man sich beliebig lange beschäftigen kann. Endlich hat sich der Nebel verzogen, oder genauer gesagt, der Gipfel steckt nicht mehr in den Wolken und die Sonne bricht durch. Mache einen Spaziergang den Grat entlang nach Westen. Das verbackene Tuffgestein ist oft handwarm und ich stoße auf viele, kleinere Dampfaustritte. Finde sogar Moos welches in einer Tuffspalte wächst. Ziemlich rekordverdächtig hier auf 1720 m Höhe. Um einen besseren Blick auf die Ausbruchsstelle der Grímsvötn zu werfen müßte ich noch dem Kraterrand noch weitere 3 km folgen. Meine Ski sind am Zelt und über den westlichen Kraterrand fließen immer noch flache Wolkenbänke, somit beschränke ich mich auf diesen kleinen Erkundungsgang.

Grímsfjall Hütte
Während ich dies hier schreibe (20:30 Uhr) höre ich ein langanhaltendes Poltern. Ist wohl etwas von der Eiswand in den Krater gestürzt. Gehe noch einmal hinaus und erhöhe den Schutzwall, da der Wind wieder deutlich zugenommen hat. An der Hütte habe ich noch einen Behälter entdeckt, dessen Funktion mir zunächst unklar war. Sieht aus wie ein auf ein Rohr geschweißtes Faß und darauf ein schwerer Aludeckel mit einem Griff - wie bei einem Kochtopf. Ich hebe den Deckel an und sieh da, das Faß enthält heißes Wasser. Es ist klar und riecht unverdächtig. Hole mir später 3 Liter davon. Das meiste Gas verbrauche ich zum Schneeschmezen um Trinkwasser zu gewinnen, so kann ich ein wenig sparen. Vor einer Stunde noch haben die Windböen das Zelt bös gebeutelt - nun herrscht Ruhe. Island ist manchmal seltsam.

Werde morgen Richtung Kverkfjöll aufbrechen. Bis zur Hütte dort sind es 40 km. Nach meiner bisherigen Erfahrung mit den schlechteren Schneeverhältnisssen am Nachmittag rechne ich mit 3 Tagen. 2 x 15 km und 1 x 10 km. Meist wird es bergauf gehen und direkt vor der Kverkfjöll Hütte gibt es auch noch einen kurzen, aber heftigen Anstieg. Ich brauche mich nicht zu beeilen. Sicher wären auch 20 km pro Tag kein großes Problem, aber als Sologänger möchte ich mir immer noch eine Leistungsreserve für Unvorhergesehenes aufsparen.


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