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Bis 9:00 Uhr geschlafen. Heute ist planmäßiger Ruhetag. Langsames Frühstück und danach bis
Mittag weitergeschlafen. Heute Nacht hat es offensichtlich nicht gefroren. Immer noch heftiger Westwind
und Nebel. Die Sonne kommt nur in kurzen Momenten mal durch.
Im Windschutz
Hvannadalshnúkur
Grímsvötn
Grímsfjall Hütte
Werde morgen Richtung Kverkfjöll aufbrechen. Bis zur Hütte dort sind es 40 km. Nach meiner bisherigen
Erfahrung mit den schlechteren Schneeverhältnisssen am Nachmittag rechne ich mit 3 Tagen. 2 x 15 km und
1 x 10 km. Meist wird es bergauf gehen und direkt vor der Kverkfjöll Hütte gibt es auch noch
einen kurzen, aber heftigen Anstieg. Ich brauche mich nicht zu beeilen. Sicher wären auch 20 km pro Tag
kein großes Problem, aber als Sologänger möchte ich mir immer noch eine Leistungsreserve für
Unvorhergesehenes aufsparen.
Schlafen macht hungrig, also koche ich mir zum zweiten Frühstück respektive Mittagessen eine Portion
Spaghetteria. Heute ist der 7. Tag auf Tour und ich muß Ruhe und Energie tanken. Beim Gang auf die Toilette
entdecke ich, daß die Südseite der Hütten windgeschützt ist und sich die dinkelbraunen Panelen der
Hüttenwand trotz des diffusen Sonnenlichtes erstaunlich stark aufgeheizt haben. Stopfe später Schnee in
meine Plastikflaschen und in einen Ortlieb-Wasserbeutel und hänge sie an die warme Hüttenwand, während
ich an die Wand gelehnt sitzend die Aufzeichnungen des gestrigen Tages nachhole.
Für gerade mal 1 Minute
wird der Blick über den Gletscher auf den Hvannadalshnúkur frei. Dann sitze ich wieder in meinem dünnen
Nebelsüppchen. Schließlich wird es mir doch zu frisch und ich führe die die Aufzeichungen auf der
warmen Toilette fort. Nebenan, aber für mich unerreichbar ist sogar eine Dampfsauna eingerichtet. An Energie
scheint hier kein Mangel zu herrschen. Kein Wunder, schließlich befindet sich die Hütte direkt auf
dem Karterrand eines der aktivsten Vulkane Islands! Der letzte Ausbruch war im Dezember 1998. Da hat
es gereicht sich zu fragen warum auf dem Gipfel kein Schnee liegen bleibt und ein Rohr in die Tiefe
zu bohren - fertig ist die Dampfheizung.
Zurück am Zelt baue ich einen Windschutzwall, eine Arbeit mit der man sich beliebig lange beschäftigen
kann. Endlich hat sich der Nebel verzogen, oder genauer gesagt, der Gipfel steckt nicht mehr in den
Wolken und die Sonne bricht durch. Mache einen Spaziergang den Grat entlang nach Westen. Das
verbackene Tuffgestein ist oft handwarm und ich stoße auf viele, kleinere Dampfaustritte. Finde sogar
Moos welches in einer Tuffspalte wächst. Ziemlich rekordverdächtig hier auf 1720 m Höhe. Um einen
besseren Blick auf die Ausbruchsstelle der Grímsvötn zu werfen müßte ich noch dem Kraterrand noch
weitere 3 km folgen. Meine Ski sind am Zelt und über den westlichen Kraterrand fließen immer noch
flache Wolkenbänke, somit beschränke ich mich auf diesen kleinen Erkundungsgang.
Während ich dies hier schreibe (20:30 Uhr) höre ich ein langanhaltendes Poltern. Ist wohl etwas von
der Eiswand in den Krater gestürzt. Gehe noch einmal hinaus und erhöhe den Schutzwall, da der Wind
wieder deutlich zugenommen hat. An der Hütte habe ich noch einen Behälter entdeckt, dessen Funktion
mir zunächst unklar war. Sieht aus wie ein auf ein Rohr geschweißtes Faß und darauf ein schwerer Aludeckel
mit einem Griff - wie bei einem Kochtopf. Ich hebe den Deckel an und sieh da, das Faß enthält heißes
Wasser. Es ist klar und riecht unverdächtig. Hole mir später 3 Liter davon. Das meiste Gas verbrauche ich zum
Schneeschmezen um Trinkwasser zu gewinnen, so kann ich ein wenig sparen. Vor einer Stunde noch haben
die Windböen das Zelt bös gebeutelt - nun herrscht Ruhe. Island ist manchmal seltsam.