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1. Tag, München - Reykjavík

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Copyright © Dieter Graser

Freitag, 16. Juli 1999


Gegen 0:30 Uhr ins Bett gekommen und kurz nach 3:00 Uhr wieder hellwach. Nicht die bevorstehende Reise sondern das Unerledigte der letzten Arbeitswoche beschäftigt noch mein Hirn. Schließlich doch aufgestanden und lustlos etwas gefrühstückt. Das Taxi zum Ostbahnhof kommt pünktlich um 5:00 Uhr. Dann mit der S-Bahn zum Flughafen. Schaffe es das ganze Gepäck durchzubringen ohne das sog. "Handgepäck" strapazieren zu müßen. Lange Warterei nach dem Einchecken. Habe weder Kleingeld noch eine Telephonkarte, um in der Firma eine Nachricht zu hinterlassen. Was soll’s, irgendwann ist Urlaub und ich muß jetzt einfach mit Gewalt abschalten.

Die Maschine nach Kopenhagen ist nur etwa zu 30% belegt. Schöne Sicht auf Mecklenburg-Vorpommern, Ostsee und Dänemark. In Kopenhagen dann der Anschlußflug mit Icelandair. Der Flieger ist voll besetzt und es ist drückend heiß vor dem Abflug - bis endlich die Klimanlage anspringt. Durch die Schulterbreite meines Nachbarn bedingt sitze ich ziemlich beengt.

Über Norwegen nur vereinzelte, kleine Kummulanten über dunkelgrünen Wäldern, tiefen Fjorden und verborgenen Seen. Versuche etwas Schlaf nachzuholen. Später komme ich mit meinem Nachbarn ins Gespräch. Er will weiter nach Grönland fliegen und dort mit einem Freund eine 2monatige Kajaktour unternehmen. Er ist eine ehemaliges Mitglied der "Sirius Patrouille" und überrascht, daß mir das ein Begriff ist (... und ob!). Ost- und Südisland sind wieder mal fast vollständig von Wolken verborgen. Trotzdem, durch ein Wolkenloch erkenne ich die ockerfarbenen Rhyolithberge von Landmannalaugar und den Gipfel der Hekla.

In Keflavík ausnahmsweise schönes Wetter. Mit dem Bus nach Reykjavík, dann mit dem Taxi weiter zum Zeltplatz, mich dort eingerichtet und ein Fahrrad gemietet. Alles gewohnte Island-Routine inzwischen. Anschließend zum FÍ geradelt, meinen Jahresbeitrag bezahlt und versucht noch etwas zusätzliche Auskünfte über meine geplante Route zu bekommen. Die nette, ältere Dame kannte sich auch ziemlich gut aus. Dann weiter zu Landsbjörg. Gerate mit dem Fahrrad auf die Miklabraut die unversehens zu einer vierspurigen Stadtautobahn wird. Bei einer Einfahrt komme ich zwangsläufig auf die mittlere Spur und links und rechts donnern die Lastwagen an mir vorbei. Ich schwitze Blut und Wasser bis ich mich glücklich auf die Grasböschung retten kann. Uff - nie mehr die Miklabraut mit dem Fahrrad! Bei Landsbjörg empfäng mich wie immer Kristján. Wir sprechen meine Route durch und machen die Rückmeldetermine fest. Au dem langen Weg zurück Richtung Stadtzentrum vermeide ich tunlichst die Miklabraut und nehme lieber ein paar Umwege in Kauf. Am Busterminal BSÍ hole ich mein Packet mit dem im letzten Jahr in Dæli zurückgelassenen Material ab. In der Skátabúðin kaufe ich mir noch 3 Gaskartuschen für meinen Primus und im Supermarkt in der Nähe des Campingplatzes noch mein Abendessen, Frühstück und Ergänzungen für meine Futterpackete. So, jetzt wäre fast alles erledigt.

Kurz vor 18:00 Uhr suche ich noch die Dalsbraut nach der Hausnummer 8 ab. Über Verbindungen habe ich Kontakt zu einem Mitglied des Verbandes der Isländischen Gletscherforscher aufgenommen der mir freundlicherweise den Schlüssel für die Jökulheimar Hütte leihen wird. "Six o’clock, at Dalsbraut eight" sagte er mir auf Englisch am Telephon. Aber die verflixte Hausnummer 8 gibt es gar nicht. Rechts beginnt sie erst mit Nummer 16! Ich radle die Straße mehrfach rauf und runter und schließlich habe ich auch alle Türschilder nach dem Namen des guten Mannes abgesucht - nichts. Im Pizzaservice am oberen Ende der Straße können sie mir auch nicht weiter helfen - ob ich im Friseurgeschäft fragen soll? Aber wenn es der Pizzaservice schon nicht weiß. Also weiter suchen. Irgendwann kommt mir die Erleuchtung: nicht "Dalsbraut eight" auf Englisch sondern "eitt" auf Isländisch und das heißt eins nicht acht, der Mann hatte mitten im Satz die Sprache gewechselt! Nummer 1 ist der Bau mit dem Pizaservice und dem Frisuerladen, also auf der Rückseite nochmal die Namenschilder neben den Klingeln studiert - nichts! Es ist 19:00 Uhr, der verabredete Termin ist auch nach isländischen Maßstäben verstrichen und ich habe heute einfach mehr als genug herumrotiert und überdies eine mittlere Migräne. Dann geht es eben eben ohne Hüttenübernachtung! Ich will nur noch eins: in den Hot Pot und dann was futtern und schlafen!

Zurück zum Campingplatz das Badezeug geholt und ab ins Schwimmbad nebenan. Langsam tut das warme Wasser seine Wirkung. Ich dümple mit geschlossenen Augen im warmen Pool und spüre das Nachlassen der Anspannung. Zum Abendessen Rizi-Bizi und noch eine Unterhaltung mit einer französischen Familie (Vater, Tocher und Sohn) dann ab ins Zelt und in den Schlafsack. Sofort wie tot geschlafen. Nachts kurz aufgewacht. Nieselregen auf dem Zelt. Habe Angst den Wecker zu überhören.


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2. Tag Ringstraße - Búland