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Nachts öfters aufgewacht. Am Morgen kräftiger Regenschauer. Im Zelt liegend Aufzeichnungen
und Frühstück. Meine Laune und Moral sind eher mäßig. Habe Zweifel ob die vermaledeite
Bandscheibe die Tour überhaupt zuläßt. Auf meiner ersten Etappe bis Húsafell kann ich
jederzeit abbrechen und bis dahin werde ich mit Sicherheit wissen ob es weiter geht oder nicht.
Also erst mal nach Húsafell, danach ist alles offen. Die eigentlich vor der Reise
geplanten Belastungstests sind einer Sommergrippe zum Opfer gefallen die mich auch gezwungen hat
die Reise um eine Woche zu verschieben. Bin in Sorgen und habe richtig Angst daß es
sich herausstellen könnte, daß solche lange Sommertouren nicht mehr "drin" sein könnten.
Nicht auszudenken!
Langsam zusammengepackt und das Futterpacket und Gaskartuschen für die dritte und vierte
Etappe zusammengestellt. Immer wieder Regenschauer oder feines dafür aber sehr effektives
Nieseln. Alles grau in grau. Mit dem Taxi zu Landsbjörg, der Zentrale der isländischen
Rettungsorganisationen, um meinen Routen- und Zeitplan zu hinterlegen. Nur durch Hinweis auf
mein wartendes Taxi kann ich den Kaffee ablehnen, sonst wäre ich der diensthabenden Dame wohl
nicht so schnell entronnen. Als sie bemerkte woher ich komme deklamiert sie auf deutsch "Guten
Tag, mein gnädiger Herr ...". Im BSÍ dann mein Rucksäckchen mit dem Material nach Hveravellir
und meine Tasche nach Dalvík aufgegeben. Kräftig, aber nicht besonders gut zu Mittag gegessen.
Annie angerufen. Die Verbindung war aber plötzlich unterbrochen obwohl meine Telephonkarte
eigentlich noch ganz gut aussah. Draußen fährt aber schon der Bus vor der mich nach Žingvellir,
zum Ausgangspunkt meiner Tour, bringen soll. Der Bus kommt gerade mal 200 m weit als er anhält
um eine Gruppe verspäteter und durchnäßter Italiener von der Straße aufzulesen - schnatter,
schnatter schnatter. Durch den Dampf ist selbst die Frontscheibe des Busses so beschlagen, daß
die Fahrerin, eine grauhaarige Oma, wohl kaum etwas sehen kann. Prompt drängt sie beim Abbiegen
eine Kleinwagen auf eine Verkehrsinsel ab, aber das hat sie wohl nicht mitgekriegt.
Wir verlassen Reykjavík und hinter der Moosfellsheiši hört der Regen auf und die Sonne schafft
es durch ein paar Wolkenlöcher zu dringen. Am Campingplatz - Café - Tankstelle von Žingvellir
steige ich aus und kaufe mir erst mal eine Halbliter Dose Pripps Leichtbier um den Durst zu
löschen, der mir vom salzigen Mittagessen geblieben ist. Es ist jetzt 15:00 Uhr und
verabschiedet von einem kräftigen Regenschauer aus Südwest schultere ich den Rucksack und mache
ich mich auf den Weg. Nur wenig ist schlimmer als die erste Stunde am ersten Tag einer langen
Tour. Noch schläfrig von der Busfahrt, den drückend schweren Rucksack noch nicht wieder gewohnt,
der Schritt hat noch nicht seinen Rhythmus gefunden, es regnet und 300 km liegen noch vor und erst
ein halber Kilometer hinter mir! Wenn es nur ginge den ersten Tag immer zu streichen und mit dem
zweiten anzufangen, vieles wäre leichter. Aber schließlich sind es nur 13 km bis zu meinem
ersten Tagesziel.
Žingvellir
Sandklufuvatn
Die Straße verläuft in der nördlichen Fortsetzung der Almannagjá, der "Versammlungsschlucht"
des altisländischen Parlaments. Üppige Vegetation und schöne Felsszenerien an der Bruchstufe.
Am Ármannsfell dann auch einige Stellen die als Campingplätze ausgewiesen sind. Ende
der asphaltierten Straße. Es geht stetig leicht bergauf und nach etwa 8 km kommt man in ein
Tal an dessen linker Flanke es dann steil empor geht. Nirgendwo am Berg in einer der
zahlreichen Rinnen fließendes Wasser. Über einen kleinen Paß hinweg geht es dann wieder ein
paar Zehnermeter hinunter zum Sandklufuvatn. An dessen Südufer finden sich ein paar
Quadratmeter Gras, die einzige Stelle, die mir für das Zelt günstig erscheint.
Um 18:00 Uhr ist alles aufgebaut und eingerichtet und ich kann mich ans Wasser holen machen.
Einige höher liegende Strandlinien zeigen an, daß der See Niedrigwasser hat. Das flache Wasser
ist von den durch die vom Wellenschlag aufgewirbelten feinen Sedimenten trübe. Selbst ein
Gang zum Westufer des Sees läßt mich kein klareres Wasser finden. Aha - darum also
"Sandklufuvatn". Bei höherem Wasserstand wäre das Ufer kiesig und damit das Wasser
auch klarer. Was soll's, es gibt nichts besseres hier. Zum Abendessen Tee und Risi Bizi
gekocht. Mit dem GPS die Position ermittelt und Aufzeichnungen im Tagebuch begonnen.
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