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Anreise - Reykjavík - Grindavík

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Copyright © Dieter Graser

Donnerstag, 5. Juli 2001


In München etwa 30°C. Tags über noch letzte Einkäufe und fertig gepackt. Mit Annie gegen 20:00 Uhr zum Flughafen gefahren. Früh eingecheckt und draußen auf der Terasse des Flughanencafés noch zwei Weißbier getrunken - vielleicht fördert das den Flugzeugschlaf. Die 757 der LTU hat sehr niedere Sitzlehnen und die Kopfstütze endet bei mir igendwo knapp über dem Halsausschnitt des T-Shirts. Nach vorne rutschen hilft auch nichts, denn die Knie bohren sich schon in den Vordersitz. Irgendwie falte ich mich in meinen Fensterplatz und es glingt mir wenigstens etwas zu dösen. Beim Flug nach Norden erneuter Sonnenaufgang. Geschlossene Wolkendecke über Island. Um 23:30 Uhr Ortszeit pünktliche Landung in Keflavík. Habe noch nie so viele Passagiere dort gesehen. Mit Riesenrucksack, schwerem Packsack und Unschuldsmiene durch den Zoll. Die Hunde sind auf Koks, aber nicht auf Tekkingmahlzeiten und Müsliriegel trainiert. Der nächtliche Andrang hat wenigstens einen Vorteil: ein Bus nach Reykjavík steht schon zur Abfahrt bereit und ich muß nur 5 Minuten warten.

Beim 15. Islandbesuch ist die Busfahrt von Keflavík nach Reykjavík eigentlich längst Routine. Im grauen Dämmerlicht einer verregneten Islandnacht sehen die Lavafelder längs der Straße so trostlos aus wie eh und jeh. Übermüdete Touristen blicken ratlos aus den beschlagenen Busfenstern. Allen die zum ersten Mal Island besuchen ist die Frage "Was will ich denn eigentlich hier?" deutlich auf die Stirn geschrieben. Wer die Fahrt schon mehr als einmal gemacht hat reagiert gelassen und "cool" und amüsiert sich höchsten ein wenig über die halb entsetzten Gesichter der "Ersttäter". Aber heute drücke auch ich mir wieder die Nase platt. In zwei Tagen werde ich hierher zurückkehren und dort drüben bei der Bergkette liegt irgendwo der Reykjavegur. So oft ich hier auch schon mit dem Bus von und zum Flughafen gefahren bin, die Halbinsel Reykjanes ist mir unbekannt geblieben - das soll sich nun ändern.

Am Hotel Loftleiðir steige ich schnell in ein Taxi um und komme kurz nach 1:00 Uhr am Camingplatz im Laugardalur an. Baue mein neues Hogan Zelt im Nieselregen auf und schlafe gleich wie tot ein.

Freitag, 6. Juli 2001

JosefJosef
Mit den üblichen kurzen Unterbrechungen - es ist ungewohnt hell im Zelt - bis 8:30 Uhr geschlafen. Herrlich! Beim Gang zum Waschhaus treffe ich eine Gestalt mit grauem Bart und schweren Bergstiefeln: Josef! Der "Josef mit dem Postrad". Ich spreche ihn an und brauche ihm nur das Stichwort "Hveravellir 1992" geben und schon erinnert er sich an jedes Detail unserer denkwürdigen Begegnung vor 9 Jahren. Später zeigt er mir sein neues Zelt. Er hat ein Hilleberg Nammatij nach seinen Vorstellungen umgebaut und einen dritten Bogen, Schneelätze, eine verstellbar fixierte Bodenplane, große Fenster für Innen- und Außenzelt, einen Kamin sowie zusätzliche Abspannpunkte eingebaut. Hier hat sich ein Tüftler einen Winter lang ausgetobt. Mach ein paar Photos von diesem einzigartigen Zelt.

Josefs ZeltJosefs Zelt
Ich leihe mir wie üblich am Zeltplatz ein Rad und fahre gegen Mittag zum Busbahnhof BSÍ. Mein Päckchen aus Dæli ist noch nicht - bin beunruhigt. Ich soll noch den Bus aus Akureyri abwarten, meint der Mann am Schalter. Gönne mir ein warmes Mittagessen als verspätetes "Frühstück", besuche im Stadtzentrum einen Buchladen und fahre dann noch etwas durch das Hafenviertel. Nach Ankunft des Busses aus Akureyri immer noch Fehlanzeige. Ein Anruf in Dæli bestätigt, daß das Packet am Dienstag abgeschickt wurde. Endlich bewegt sich der Mitarbeiter: Anruf beim Busbahnhof in Akureyri. Dort kann man sich sogar an das Packet erinnern und auch daß es es abgeschickt wurde. Man versucht vergeblich den Busfahrer zu erreichen. Zu zweit durchstöbern wir ohne Erfolg das Lager. Werde morgen wieder kommen müssen. Im Sportgeschäft Útilíf schaue ich mir schon mal an, was ich mir alles an Ersatz kaufen muß. Abends im Schwimmbad neben dem Zeltplatz.

Samstag, 7. Juli 2001

Skýr zum Frühstück. Noch mit Josef über das Reisen in Island im Allgemeinen und im Speziellen geratscht. Ein Paar Ergänzungseinkäufe erledigt und meine Futterpackete zusammengepackt. Vier Packs á 5 - 6 kg. Zum BSÍ geradelt und noch Gas besorgt. Noch mal ein Anruf in Akureyri. Der Busfahrer hat sich erinnert, daß er die Packete am Dienstag Abend nicht wie üblich im Lager deponiert hat, sondern der späten Stunde wegen unter die Annahmetheke gestellt hat. Keine halbe Minute später haben wir das Vermißte gefunden. Puhhh! Meine 4 Packete werden dafür als Entschädigung umsonst nach Þingvellir, Kerlingarfjöll, Nýidalur und Reykjahlið befördert. Immerhin - aber einen Tag habe ich durch diese Aktion verloren.

Vor der Busstation sehe ich einen Touristen sich aus einer Thermosflasche einen Tee einschenken und ich weiß nicht warum mir das eigentlich so ins Auge sticht. Plötzlich fällt es mir ein. Sch...., ich habe ja meine Thermosflasche zuhause vergessen. Also muß ich doch noch einen Ersatzkauf bei Útilíf in Glæsibær machen. Auf dem Weg dorthin Regen. Kehre im Pizza Hut auf ein Mittagessen ein. Zurück am Zeltplatz gönne ich mir ein Mittagsschläfchen zum leisen Trommeln der Regentropfen. Gegen 15:00 Uhr beschließe ich endlich aktiv zu werden und heute schon mit dem Bus nach Grindavík zu fahren. Gepackt und mit dem Taxi wieder zum BSÍ.

Mit dem Bus in Regen und unter tiefen Wolken Richtung "Blaue Lagune" - typisches Reykjanes-Wetter. Trotzdem: Richtung Westen klart es mehr und mehr auf. In Grindavík ist es sogar wieder sonnig. Der Busfahrer setzt mich direkt vor dem Campingplatz ab. Auf dem Platz sind noch wenig Gäste. Die Zelte einer Reisegruppe die noch irgendwo in der Gegend unterwegs sind, ein einzelnes kleines Zelt und ein Wohnmobil aus München. Man bekommt schnell Kontakt. Der Münchner ist Rentner und verbringt 3 Monate auf Island. Morgen will er seinen Enkel am Flughafen abholen, der wird ihm die nächsten 3 Wochen Gesellschaft leisten. Das einzelne Zelt gehört einer ebenfalls alleinreisenden Französin. Sie überlegt noch ob und wie sie den Reykjavegur machen will. Sie möchte hier von Grindavík aus starten, ist sich aber noch unschlüssig. Bis 22:30 Uhr sitzen wir in der Sone und studieren die Karten. Der "Gschwendtner Hans" gesellt hinzu und schon habe ich für morgen eine Mitfahrgelegenheit zum Reykjanesviti, dem Leuchtturm an der äußersten Südwestspitze Islands.

In der "Nacht" wecken mich etwas lärmige Neuankömmlinge. Beim verschlafenen Blick durchs Zelt fällt mir auf, daß mir der eine Alutopf und mein Eßbesteck fehlen. Habe sie wohl beim Abwasch liegen lassen oder als ich den beiden Schweizerinnen half ihren Camping Gaz Kocher dicht zu kriegen. Irgendwie hatten sie es geschafft anzustechen bevor sie beide Bügel unter der Kartusche geschlossen hatten. Da ich sowieso kurz raus muß, suche ich nach meinem Topf - nirgendwo zu finden. Um ihn ist es nicht allzu schade, aber jetzt habe ich keine Gabel und keinen Löffel mehr nur noch meinen kleinen Iceland-Air Kaffeelöffel der auf keiner Tour fehlen darf.


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1. Tag Reykjanesviti - Þorbjörn